Einsicht in die Patientenakte

Ein Fall aus meiner Praxis: Hat die Ehefrau eines Verstorbenen das Recht auf Einsicht in die Patientenakte zu nehmen oder darf das Krankenhaus bzw. der Arzt dies mit Hinweis auf das Arztgeheimnis verweigern?

Diese früher streitigen Auseinandersetzungen sind heute in § 630 g BGB geregelt:

Das Recht des Patienten

Der Patient selbst hat zu Lebzeiten ein Einsicht in die vollständige Patientenakte, die ihm auf Verlangen unverzüglich, d.h. auf gut Deutsch sofort zur Verfügung gestellt werden muss. Das Einsichtrecht erstreckt sich auf alle Unterlagen, nicht nur auf Befunde und Berichte, sondern auch auf persönliche Eindrücke der Ärzte oder subjektive Wahrnehmung der behandelnden Personen.

Die Einsicht in die Patientenakte kann nur dann verweigert werden, wenn damit der Behandlungserfolg gefährdet wäre, etwa bei psychischen Erkrankungen oder Selbstmordneigung. Außerdem besteht ein Verweigerungsrecht hinsichtlich der Einsicht in die Patientenakte, wenn schützenswerte Rechte Dritter betroffen wären, etwa dann, wenn ein minderjähriges Kind behandelt wird, in der Akte aber sensible Informationen über die Eltern oder deren Persönlichkeit in der Akte auffindbar sind oder eine Erbkrankheit festgestellt ist, die vererblich ist.

Gegen Kostenerstattung kann der Patient auch Fotokopien oder elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen.

Das Recht des Erben

Nach dem Tode des Patienten geht das Einsichtrecht auf den Erben über, wenn es zur Wahrnehmung vermögensrechtlicher Interessen notwendig ist. Hierunter fällt zum Beispiel das Interesse, Schadenersatz- oder Schmerzensgeldansprüche gegen den behandelnden Arzt oder das Krankenhaus geltend zu machen, Honoraransprüche gegenüber dem verstorbenen Patienten abzuwehren oder aber auch die Frage der Geschäftsfähigkeit des verstorbenen Patienten zu prüfen.

Das Recht naher Angehöriger

Die nächsten Angehörigen des Patienten haben ein Einsichtrecht nur dann, wenn sie immaterielle Interessen geltend machen möchten, etwa zur Klärung der Todesursache zu Zwecken der Nebenklage im Strafprozess, der postmortalen Geltendmachung von Persönlichkeitsrechten oder auch die Klärung von Erbkrankheiten im eigenen Interesse. Nächster Angehöriger im Sinne dieser Ausführungen ist nach § 77 Abs. 2 StGB der Ehegatte, der Lebenspartner und das Kind. Die Eltern des Patienten fallen unter diesen Begriff nur dann, wenn kein Ehegatte, Lebenspartner oder Kind vorhanden ist.

Der Ausschluss des Rechts auf Einsicht in die Patientenakte

Die Einsicht in die Patientenakte durch den Erben oder einen nahen Angehörigen ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht. Beweisen muss dies der behandelnde Arzt oder das Krankenhaus.

Der Patient hat also die Möglichkeit, ausdrücklich zu erklären, ob er ein Einsichtrecht zulassen möchte oder nicht, er kann es auf bestimmte Personen beschränken oder auch auf bestimmte Aktenbestandteile. Die Bestimmung des mutmaßlichen Willens hingegen gestaltet sich in der Praxis schwierig,weil Dritte darüber befinden sollen, was der Patient wohl bestimmt hätte, wenn er die Entscheidung hätte treffen müssen.

Fazit:

Um Streitigkeiten zwischen dem behandelnden Arzt oder Krankenhaus und den Erben oder nahen Angehörigen um das Einsichtrecht in die Patientenakte zu vermeiden, sollte der Patient eine schriftliche Erklärung abgeben. Diese lässt sich unproblematisch mit den üblichen Patientenverfügungen verbinden, sodass für alle Beteiligte Rechtsklarheit erzielt werden kann.

 

 

 

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