Geschwindigkeitsüberschreitung zulässig?

Immer wieder sind die Gerichte bei Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Einwänden des Betroffenen befasst, der seine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Notstand rechtfertigen möchte.Radarkontrolle

§ 16 OWiG lässt es zu, dass bei einer gegenwärtigen Gefahrenlage für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Eigentum oder einem anderen Rechtsgut der Fahrzeugführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begehen darf, die als nicht rechtswidrig anzusehen ist, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Grades der Gefahren das geschützte Interesse das beeinträchtigte überwiegt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung muss also begangen werden, um ein anderes wichtiges Rechtsgut zu schützen, sie muss darüber hinaus ein angemessenes Mittel gewesen sein.

Häufig betreffen  die Entscheidungen Ärzte, die in Sorge um ihre Patienten zum Teil drastische Geschwindigkeitsüberschreitungen begehen. Hier stellt sich die Rechtsprechung immer die Frage, ob tatsächlich für den Patienten eine Situation entstanden ist, die so gefährlich war, dass nur der behandelnde Arzt und nicht etwa ein Rettungsdienst gerufen werden konnten und ob überhaupt so viel Zeit gegenüber dem Rettungsdienst gewonnen werden konnte, da dieser ja mit Sonderrechten zum Patienten fahren kann.

Genauso häufig spielen Schwangere eine Rolle, die vor allem von Taxifahrern und besorgten Ehemännern hochschwanger ins Krankenhaus gefahren werden. Auch hier ist die Frage zu stellen, ob die Situation objektiv gefährlich war und durch die Autofahrt ein nennenswerter Zeitgewinn entstanden ist, oder ob es nicht besser gewesen wäre, einen Notarztwagen zu rufen.

Taxifahrer werden gelegentlich in ihren Fahrzeugen bedroht und dürfen dann, gerade auf dem Land, sich selbst durch Fahrt in die nächste Stadt oder Polizeidienststelle retten. Andererseits wurde jüngst vom OLG Bamberg entschieden, dass allein die Befürchtung eines Taxifahrers, ein betrunkener Fahrgast könne sich im Auto übergeben, keine Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertigt.

Der Stuhl- oder Harndrang ist eine beliebte Version, mit der eine überhöhte Geschwindigkeit gerechtfertigt werden soll. Hier ist insbesondere die Frage zu stellen, warum ein Anhalten nicht möglich gewesen sein sollte. Eine Raserei im innerstädtischen Bereich wird wohl kaum jemals durch diese Form von Drang zu rechtfertigen sein.

 

Aber Vorsicht:

Wenn das Gericht die Darstellung nicht als Rechtfertigungsgrund akzeptiert, wird vielmals eine vorsätzliche Begehungsweise anzunehmen sein. Diese wird deutlich härter als in den Regelsätzen vorgesehen bestraft.

Andererseits prüfen die Gerichte stets auch die Frage, ob ein Irrtum des Betroffenen bezüglich der Notstandssituation vorliegt, was regelmäßig verneint werden kann. Dennoch wird häufig in derartigen Situationen von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen.

Auch in derartigen Fällen gilt: Lassen Sie sich anwaltlich beraten, bevor der Einwand zu einer Verschlechterung führt!

 

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