VW-Abgasskandal – Ihre Rechte

VW-Abgasskandal nennen es die einen, betrogen fühlen sich die andern. Aber welche Rechte hat der Käufer eines VWs tatsächlich wegen der manipulativen Software?

Der VW-Abgasskandal bietet dem Käufer 2 denkbare Ansprechpartner, zum einen seinen Verkäufer, zum anderen den Hersteller.

1. Ansprüche gegen den Verkäufer

Zunächst einmal dürfte es sich bei der manipulativen Software und den daraus resultierenden tatsächlichen Fahrzeugwerten um einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB handeln, denn unabhängig davon, ob konkrete Abgaswerte zwischen Verkäufer und Käufer verhandelt wurden (was in der Regel wohl ausscheidet), stellt jedenfalls die Abweichung eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit dar. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass schon die unrichtigen Abgaswerte, die möglicherweise für die steuerliche Einordnung von Bedeutung sind, als solche einen Mangel darstellt.

Liegt ein solcher Sachmangel vor, muss der Käufer dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Nach Angaben von VW lassen sich die Mängel mit geringstem Aufwand und in kurzer Zeit beseitigen, sodass eine Nachbesserung zumutbar ist. Der Käufer kann also nicht sofort vom Kaufvertrag zurücktreten!

Gelingt die Nachbesserung, bleibt zunächst einmal abzuwarten, inwieweit sich das Fahrzeug dennoch als mangelhaft darstellt. Soweit beispielsweise befürchtet wird, dass sich durch eine Korrektur der Motorsteuerung die Verbrauchswerte erhöhen, hat der Bundesgerichtshof die Schwelle für einen Rücktritt vom Kaufvertrag bei 10 % gegenüber den Angaben im Verkaufsprospekten, in Werbung oder  in den Fahrzeugunterlagen gelegt (BGH, NJW 2007, 2111). Mitunter wird befürchtet, dass durch die Anpassung der Software ein Leistungsverlust eintreten wird. Rechtsprechung zur Frage, welche Rechte der Käufer in diesem Fall geltend machen könnten, gibt es noch nicht. Ich wage auch zu bezweifeln, ob 5 % oder 10 % Leistungsverlust überhaupt spürbar sind und damit die notwendige Erheblichkeit eines Mangels für einen Rücktritt gegeben sein wird.

Aber auch im Falle der Nachbesserung, die einen höheren Kraftstoffverbrauch mit sich bringt, kann nicht sofort vom Vertrag zurückgetreten werden, auch diesbezüglich muss zunächst der Verkäufer zur Nachbesserung aufgefordert werden. Außerdem müsste wohl der Vergleich zwischen den Angaben und dem tatsächlichen Verbrauch auf dem Prüfstand verglichen werden, nicht im realen Leben.

Schließlich kann der Kunde beim Händler einen Anspruch auf Minderung geltend machen, falls tatsächlich ein verstellbarer Minderwert verbleibt. Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass durch die Nachbesserung ein Minderwert verbleibt, denn technisch sind die Fahrzeuge allesamt in Ordnung und erfüllen auch allesamt die Anforderungen, die der Kunde an das Fahrzeug gesetzt hat.

Ein ganz großes Problem im VW-Abgasskandal ist aber der Umstand, dass nur wenige Kunden tatsächlich die vorgenannten Möglichkeiten haben, weil Ansprüche aus dem Kaufvertrag nach BGB innerhalb von 2 Jahren verjähren, sehr häufig in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Autohäuser für gebraucht Fahrzeuge (und damit auch auf Vorführwagen, Reimporte etc.) sogar auf ein Jahr verkürzt sind und im übrigen auf eine Herstellergarantie verwiesen wird. Die meisten „Geschädigten“ werden also gegenüber ihrem Vertragspartner gar keine Ansprüche mehr geltend machen können, soweit dieser nicht kulanterweise auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Es kann hier auch nicht argumentiert werden, dass dem Kunden gegenüber dem Verkäufer ein Anspruch aus unerlaubter Handlung wegen Betrugs oder aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zusteht, der auch einen Gewährleistungsausschluss überwinden könnte (relevant beim Gebrauchtwagenhandel). Regelmäßig wird nämlich der private Verkäufer, der Gebrauchtwagenverkäufer und auch der Markenhändler nicht gewusst haben, dass die Angaben des Herstellers auf einer Täuschung beruhen.

2. Ansprüche gegen den Hersteller

Gewährleistungsrechtliche Ansprüche zwischen dem Kunden und dem Hersteller eines Autos bestehen nicht, da keine kaufrechtlichen Beziehungen bestehen.

Garantieansprüche werden von Herstellern regelmäßig gegeben, sie sind auch im VW-Abgasskandal diskutiert worden, aber auch diesbezüglich muss der Kunde eine Enttäuschung erfahren. Die Garantieansprüche geben dem Kunden nämlich lediglich ein Recht auf Reparatur des Fahrzeuges, nicht aber ein Recht auf Rücktritt oder gar ein Recht auf Schadenersatz. Insoweit unterscheidet sich die Garantie vom Gewährleistungsrecht bezüglich des beschränkten Anspruchs auf Reparatur, ferner durch eine möglicherweise längere Laufzeit.

Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz scheiden aus, weil sie den Produktmangel selber nicht absichern.

Viele Kunden fühlen sich im VW-Abgasskandal vom Hersteller bewusst getäuscht. Daher wird versucht, eine Schadenersatzhaftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Sinne von § 826 BGB oder einen Anspruch aus Betrug gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB zu stützen. Meines Erachtens lassen die bisherigen Informationen einen hinreichend aussichtsreichen Informationsstand nicht erkennen. Im Rahmen der genannten Ansprüche muss der Kunde beweisen, dass und wer im VW-Konzern mit der Absicht, den Kunden zu schädigen, die Software manipuliert hat. Ich persönlich sehe auch keinen Schaden, denn der Schaden muss als vermögensrechtlicher Nachteil beim Kunden hängen bleiben, um einen Anspruch durchsetzen zu können. Der Kunde könnte allenfalls argumentieren, der Kaufpreis wäre zu hoch gewesen, oder es verbliebe ein Minderwert des Fahrzeugs. Aber in welcher Höhe tritt tatsächlich ein Schaden ein? Schaden könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn aufgrund der Manipulation der Software die Schadstoffklasse dazu führen könnte, dass eine höhere Steuer zu bezahlen wäre. Da aber die Finanzämter keinerlei Anstalten machen, hier einzuschreiten, ist auch dieser theoretische Ansatz dahin.

Fazit:

Ansprüche gegen den Verkäufer bestehen nur für Käufer aus der jüngsten Vergangenheit, Ansprüche gegenüber dem Hersteller bestehen nur im Falle einer Garantie und dann auch nicht weiter als gerichtet auf eine Reparatur. Unmittelbare deliktische Ansprüche gegen den Händler oder den Hersteller wird es im Zweifel nicht geben.

VW bemüht sich, durch Nachbesserung im Rahmen von Rückrufaktionen den technischen Schaden wieder gutzumachen, damit dürfte nach meinem Verständnis auch ein wirtschaftlicher Schaden von Käufern, sofern man einen solchen überhaupt annehmen möchte, bereinigt sein.

Ob es sich lohnt, den von einigen Anwaltskanzleien angekündigten Massenklagen beizutreten, wage ich zu bezweifeln. In den Vereinigen Staaten mag es für dortige Käufer anders aussehen. Ob aber der Käufer eines Fahrzeuges in Deutschland einen Bezug zum amerikanischen Recht plausibel darlegen kann, halte ich für unwahrscheinlich.

 

 

 

 

 

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